Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg beim KED (Kirchlicher Entwicklungsdienst der evangelisch-lutherischen Landeskirchen in Braunschweig und Hannover) in Hannover, am 28. Oktober 2015
Die Entwicklungspolitik der Bundesregierung: Initiativen und Positionen zur
2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung“
Sehr geehrte Frau Dr. Cornelia Johnsdorf, sehr geehrte Frau Maureen Scholz,
sehr geehrte Damen und Herren,
Vielen Dank für Einladung, der ich sehr gerne nachgekommen bin!
Ergebnisse des UN-Gipfels: die 2030-Agenda / SDGs
Vor einem Monat, am 25. September, haben die Staats- und Regierungschefs aus allen Nationen in New York die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ feierlich verabschiedet. Dieser „Weltzukunftsvertrag“ – wie ihn Minister Dr. Müller nennt – ersetzt die bisherigen Millenniums-Entwicklungsziele, die sog. „MDGs“.
Neu ist – und dass ist ein wesentlicher Unterschied zu den MDGs – dass sie für alle Staaten, nicht nur für Entwicklungsländer, gelten sollen. Damit knüpft die Agenda 2030 und die darin enthaltenen 17 prioritären Ziele nachhaltiger Entwicklung, die sog. „SDGs“ (Sustainable Development Goals) stärker an die Rio-Konferenz von 1992 an, als an die klassische Entwicklungs-Agenda.
„Es ist umfassender Konsens, den Vertreter von fast 200 Regierungen, von Internationalen Organisationen und NRO gemeinsam erarbeitet haben.“
Inhaltlich stellen die 17 SDGs eine gelungen Kombination aus Entwicklungs- und Umweltzielen dar. Sicher darf man ihre Wirkung nicht überschätzen. Vom Beschluss durch die UN-Vollversammlung bis zur Umsetzung ist es noch ein langer Weg. Aber es ist nicht irgendein Papier, irgendeine Resolution. Es ist umfassender Konsens, den Vertreter von fast 200 Regierungen, von Internationalen Organisationen und NRO gemeinsam erarbeitet haben.
Rückblick MDGs
Aus Sicht des BMZ waren die MDGs in den letzten 15 Jahren durchaus eine erfolgreiche Strategie, um der Lösung vieler drängender Menschheitsprobleme näherzukommen. Sie haben gezeigt: Sich gemeinsam auf konkrete Ziele zu verpflichten, kann vieles in Bewegung setzen – auch, wenn wir noch nicht alle Ziele erreicht haben. Nach der Stagnation der 80er und 90er-Jahre ist Entwicklungspolitik auf der Weltagenda wieder weiter nach oben gerückt. Auch die Rahmenbedingungen waren günstiger. Der wirtschaftliche Aufschwung in vielen Weltregionen hat viele Millionen Menschen aus der absoluten Armut befreit. Deren Anteil an der Weltbevölkerung hat sich seit 1990 trotz Bevölkerungswachstums halbiert – damit ist das erste der insgesamt acht Millenniumsentwicklungsziele (MDG) bereits erreicht. Auch viele andere Kennzahlen zeigen uns, dass wir bei der Grundschulbildung, bei der Gesundheitsversorgung und im Kampf gegen Malaria und Tuberkulose, beim Zugang zu sauberem Trinkwasser und bei der Bekämpfung von Hunger auf einem guten Weg sind – auch wenn immer noch viel zu tun bleibt.
„Ziel 1 bekennt sich dazu, die extreme Armut in all ihren Formen und überall bis zum Jahr 2030 zu beenden.“
Was ist neu an den SDGs?
Die Agenda 2030 macht nun klar, dass wir nicht getrennt behandeln können, was in einer globalisierten Welt zusammenhängt: Armut, verschwenderische Konsummuster, Zerstörung von Lebensgrundlagen, Klimawandel, Ungleichheit, fehlende Gleichberechtigung, schlechte Regierungsführung, Anfälligkeit für Krisen. Statt der 8 MDGs wird es also künftig 17 Nachhaltigkeitsziele oder „SDGs“ geben.
- Ziel 1 bekennt sich dazu, die extreme Armut in all ihren Formen und überall bis zum Jahr 2030 zu beenden. Das im Jahr 2000 beschlossenen MDG Nr. 1 war ja „nur“ darauf gerichtet, den Anteil der extrem Armen an der Weltbevölkerung bis 2015 zu halbieren. Dieses Ziel konnte erreicht werden, v.a. natürlich aufgrund der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung in China. Aber auch in anderen Weltregionen gab es beträchtliche Entwicklungserfolge. Aus Menschenrechtsperspektive war es nie hinnehmbar, die extreme Armut nur halbieren zu wollen. Jeder Mensch hat das gleiche Recht auf Leben und Verwirklichung seiner Möglichkeiten. Deshalb heißt eines der Leitsätze der 2030-Agenda auch „Leave no one behind!“ – Unsere Solidarität muss für jeden Menschen und natürlich ganz besonders für die schwächsten und am stärksten benachteiligten Mitglieder der Weltgemeinschaft gelten.
- SDG Nr. 2, das Ziel zur Beendigung des Hungers auf der ganzen Welt bis 2030 entspricht dem gleichen Geist. Hier wurde das entsprechende MDG noch nicht erreicht, der Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung konnte bis 2015 nicht ganz halbiert werden. Das ambitioniertere Ziel der völligen Beendigung des Welthungers wird auch nicht einfacher zu erreichen sein – das sollte allen klar sein. Aber die MDGs haben wichtige Vorarbeit geleistet, haben die Weichen richtig gestellt. Eine Erreichung der SDGs ist damit in den Bereich das Möglichkeiten gerückt – den politischen Willen und das gemeinsame Engagement aller Akteure vorausgesetzt.
- Auch die Zielsetzungen von vielen anderen SDGs waren bereits in den früheren 8 MDGs im Kern enthalten, z.B. was den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung und die Förderung von Frauen und Mädchen angeht.
- Neu ist nun aber SDG Nr. 10, das die Reduzierung der Ungleichheit – innerhalb und zwischen den Staaten – fordert. Das ist wichtig, denn wir haben ein globales Gerechtigkeits- und Verteilungsproblem: Wie eine Oxfam-Studie nachgewiesen hat, besitzen die reichsten 85 Personen der Welt fast so viel wie 3,6 Milliarden Menschen, d.h. die ärmere Hälfte der Menschheit. 20 % der Menschheit verbrauchen 80% der Ressourcen und produzieren zwei Drittel der Verschmutzung. Das ist ungerecht! Es hemmt Entwicklung und ist das Gegenteil von nachhaltig.
- Neu sind auch explizite Ziele im Umweltbereich, die sich auf die Bekämpfung des Klimawandels (SDG 13) sowie den Schutz der Meere, Wälder oder Biodiversität (SDG 14 u. 15) beziehen. Die ökologische Dimension war bei den MDGs unterbelichtet. Dabei hat sich die ökologische Krise in den letzten 15 Jahren extrem verschärft. Der sog. „Earth Overshoot Day“ bezeichnet den Tag im Jahr, an dem die Menschheit die natürlichen Ressourcen eines Jahres erschöpft hat. Vor 30 Jahren war das wenige Tage vor Silvester. Dieses Jahr lag der Termin Mitte August.
- Das liegt wesentlich daran, dass wir in Deutschland und anderen Industrieländern über unsere Verhältnisse leben. Dass der Lebensstil der Menschen in den sogenannten entwickelten Ländern nicht universalisierbar ist. Neu ist deshalb auch SDG Nr. 12, das nachhaltige Produktions- und Konsummuster fordert, also Wirtschaft und Verbraucher mit in die Pflicht nimmt.
- Neu ist ebenfalls SDG 16, das alle Staaten dazu anhält, die eigene Regierungsführung zu verbessern und demokratische Teilhabe auf allen Ebenen einfordert.
„Es ist nicht nur eine Aufgabe der gesamten Regierung, d.h. des Staates, sondern eine Aufgabe auch der gesamten Gesellschaft, von Wirtschaft, Wissenschaft, privaten Stiftungen, Kirchen, Kommunen etc.“
- Das letzte Ziel, Nr. 17, beschreibt dann, dass die Umsetzung dieser Ziele nur gelingen kann, wenn alle Länder und alle Akteure – Staat, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft – zu neuen Formen der Zusammenarbeit finden. Hier finden sich Ziele, die über die klassische Entwicklungs- und Umweltpolitik weit hinausgehen und die Finanz- und Handelspolitik in den Blick nehmen. Entwicklungspolitische NRO haben ja immer schon auf sog. „Kohärenzprobleme“, d.h. auf Widersprüche zwischen beispielsweise der Handelspolitik der EU und ihren entwicklungspolitischen Zielen hingewiesen. Nun wird auch offiziell konstatiert, dass eine kohärente Politik für nachhaltige Entwicklung Aufgabe der gesamten Regierung, nicht nur von Entwicklungs- und Umweltministerium ist. Und die 2030-Agenda geht noch darüber hinaus: Es ist nicht nur eine Aufgabe der gesamten Regierung, d.h. des Staates, sondern eine Aufgabe auch der gesamten Gesellschaft, von Wirtschaft, Wissenschaft, privaten Stiftungen, Kirchen, Kommunen etc.
Zukunftscharta: Bewusstsein für die SDGs schaffen!
- In unserer im November 2014 veröffentlichten „Zukunftscharta EINEWELT – Unsere Verantwortung“ nimmt die neue globale Partnerschaft, unterstützt durch Multi-Akteurs-Partnerschaften schon einen breiten Raum ein. Die Zukunftscharta war das Ergebnis eines mehrmonatigen Diskussionsprozesses mit deutschen NRO und Verbänden, mit den Kirchen, der Wissenschaft und ganz vielen Engagierten. Wir haben versucht, schon vorab Bewusstsein für die Aufgaben der 2030-Agenda zu schaffen.
- Mit der Verabschiedung der 2030-Agenda ist diese Aufgabe aber nicht kleiner geworden. In Deutschland sind der UN-Gipfel vom September und die dort vereinbarten Nachhaltigkeits-Ziele außerhalb der entwicklungspolitischen Fachöffentlichkeit auf relativ wenig Resonanz gestoßen. Und in der Fachöffentlichkeit gab es teilweise Kritik, dass ein Zielkatalog von 17 Zielen und 169 Unterzielen viel zu breit sei, um politische Wirkung zu entfalten. Anderen Kritikern war selbst diese breite und umfassende Agenda nicht ambitioniert genug. Meiner Meinung nach ist die Breite der Agenda und ihr Veränderungsanspruch über die klassische Entwicklungspolitik hinaus, eine klare Stärke der neuen SDGs. Auch die breite Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Formulierung der SDGs auf internationaler Ebene und an der Formulierung der Zukunftscharta in Deutschland war ein klarer Fortschritt gegenüber den früheren Millenniums-Zielen (MDGs). Bei den MDGs hat es fast 5 Jahre gedauert, bevor sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden. Mit den SDGs gelingt uns das hoffentlich etwas schneller.
- Das ist dringlicher geworden, denn die Agenda 2030 nimmt auch – oder gerade! – uns in den Industrieländern in die Pflicht. In Sachen Nachhaltigkeit hat auch Deutschland – als hoch industrialisiertes Land mit hohem Konsumniveau – Entwicklungsbedarf, trotz aller Fortschrittlichkeit. Und so haben wir in Deutschland die Aufgabe, nachhaltige Entwicklung – in allen ihren Dimensionen: ökologisch, ökonomisch, sozial und politisch-kulturell – auch bei uns zu Hause umzusetzen.
- Wir sehen die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für die 2030-Agenda als eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Zivilgesellschaft. Und das Interesse an einem Austausch ist groß.
- Als BMZ tragen wir die Inhalte von Zukunftscharta und 2030-Agenda in die Breite und wollen auch Menschen erreichen, die sich bisher nicht entwicklungspolitisch engagiert haben. In 2016 werden wir die ZukunftsTour in den deutschen Bundesländern fortsetzen, am 11. und 12. Februar 2016 mit Veranstaltungen in Thüringen und Hessen. In Hannover hat es schon vor 4 Monaten, am 25. Juni eine solche Zukunftscharta-Veranstaltung mit Ministerpräsident Stephan Weil gegeben und gestern (27.10.) in Stuttgart mit Minister Peter Friedrich.
- Das kann aber nur ein Anfang sein. Mittelfristig müssen wir nicht nur die Landeshauptstädte sondern jede Stadt und jede Gemeinde in Deutschland erreichen. Das kann nur gelingen, wenn das Engagement um sich greift und wir mit der an nachhaltiger Entwicklung interessierten Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen.
„Die Bundesregierung hat nicht vor, die Verantwortung für die Umsetzung der Ziele an Zivilgesellschaft, Wirtschaft oder Wissenschaft abzuschieben.“
Aufgaben der Bundesregierung/ des BMZ
Die Umsetzung der 2030 Agenda bleibt natürlich in erster Linie eine Aufgabe der Regierungen. Sie haben ja auch auf dem UN-Gipfel im letzten Monat dafür ihr Wort gegeben. Die Bundesregierung hat nicht vor, die Verantwortung für die Umsetzung der Ziele an Zivilgesellschaft, Wirtschaft oder Wissenschaft abzuschieben, auch wenn wir auf eine breite Unterstützung aus der Gesellschaft angewiesen sind. Die Aufgaben sind vielfältig, die Herausforderungen groß. Sie gehen weit über den eigentlichen Zuständigkeitsbereich des BMZ hinaus. Mit der Agenda 2030 und den Zielen für nachhaltige Entwicklung muss im Grunde alle Politik zu Entwicklungspolitik werden!
Wir wollen unsere Hausaufgaben machen und international mit gutem Beispiel voran gehen: Die Deutsche Nationale Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) unter Federführung des Bundeskanzleramtes stellt den wesentlichen Rahmen für die Umsetzung der Agenda in Deutschland dar Sie wird in den kommenden Monaten im Lichte der Agenda 2030 überarbeitet und dabei die internationale Dimension stärker abbilden. Morgen, am 29. Oktober, findet dazu in Berlin Auftaktkonferenz der Bürgerforen statt.
Deutschlands ökologischer Fußabdruck muss sich in den nächsten Jahren nachdrücklich verkleinern, z. B. durch nachhaltigeren Konsum und Produktion. Über die Strategie wird festgelegt werden, mit welchen nationalen Zielen, Indikatoren und Maßnahmen wir zu welchem Ziel der SDGs beitragen werden.
Was unser internationales Engagement angeht, sind bereits wichtige Weichen gestellt:
- Entwicklungsfinanzierung steigern: Die Bundeskanzlerin hat bereits vor den Vereinten Nationen angekündigt, den Entwicklungsetat in den kommenden Jahren weiter substanziell zu erhöhen, um das 0,7%-Ziel zu erreichen. Dieses Ziel werden wir nicht von heute auf morgen erreichen, aber wir gehen die Umsetzung in 2015 und 2016 an durch den höchsten Etat in der Geschichte des BMZ – über 7,4 Milliarden Euro! – und die höchste Steigerung der Entwicklungszusammenarbeit (ODA) der Bundesregierung. Mit zwei ODA Haushaltspaketen stehen seit Beginn der Legislaturperiode 10,3 Milliarden Euro zusätzlich bis 2019 zur Verfügung.
- Mehr Mittel für die ärmsten Länder (LDCs) bereitstellen: In diesem Rahmen wollen wir auch mehr Finnazmittel für die 48 ärmsten Länder der Welt, die sog. LDCs (Least Developed Countries) bereitstellen. Deutschland hat sich durch die EU-Ratsschlussfolgerungen vom 26. Mai 2015 und auf UN-Ebene im Rahmen der Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (Financing for Development/ FfD) in Addis Abeba im Juli verpflichtet, bis 2020 mindestens 0,15% seines Bruttonationaleinkommen (BNE) als Hilfe für LDCs bereitzustellen. Zur Zeit liegen wir noch bei 0,09%, aber wir sind zuversichtlich, durch einen weiteren Aufwuchs im BMZ-Haushalt und eine stärkere Konzentration der Mittel auf die LDCs, dieses Ziel in den nächsten 5 Jahren zu erreichen.
- Klimawandel stoppen: Dass dieses Ziel in der Agenda 2030 steht, ist auch ein wichtiges Signal für den Klimagipfel in Paris. Deutschland trägt mit seiner Klimapolitik dazu bei. Die Bundeskanzlerin hat angekündigt, den deutschen Beitrag zur Klimafinanzierung bis 2020 zu verdoppeln – auf dann 4 Milliarden Euro. Den Löwenanteil davon – 90% – setzt das BMZ um.
- Weltwirtschaft dekarbonisieren: Mit unseren Partnern der größten Industriestaaten der Welt haben wir uns beim G7-Gipfel darauf geeinigt, Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen zu entkoppeln.
- Fairen und nachhaltigen Welthandel: Bundesminister Müller setzt sich dafür ein, dass Handelsabkommen unsere Partner in den Entwicklungsländern nicht benachteiligen. Auch wollen wir die sog. „Wertschöpfungsketten“, d.h. die Abnahmemacht des deutschen Handels dazu nutzen, die Lebens- und Arbeitsbedingungen in unseren Partnerländern menschenwürdig zu gestalten und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schützen: Das sind zentrale Anliegen des BMZ.
Bundesminister Müller hat dafür im vorigen Jahr das Bündnis für nachhaltige Textilproduktion angestoßen. Gemeinsam mit Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft wollen wir faire, soziale und ökogische Standards entlang der gesamten Lieferkette umsetzen – zum Wohle der Menschen und zur Bewahrung der Schöpfung.
„Wir zielen auf 75 Prozent des Marktes in Deutschland ab. Denn Marktmacht schafft Einfluss.“
Rund die Hälfte der deutschen Textilindustrie und des Handels macht schon mit. Inzwischen sind fast 160 Organisationen dem Bündnis beigetreten – auch die ganz Großen sind jetzt dabei, und seit kurzem auch Produzenten vor Ort, etwa in Bangladesch! Wir zielen auf 75 Prozent des Marktes in Deutschland ab. Denn Marktmacht schafft Einfluss.
Und auch wir, als Konsumenten in den Industrieländern müssen mitziehen: als Vorbilder mit nachhaltigen Lebensstilen.
Der Zivilgesellschaft kommt dabei eine wichtige Vermittlungsfunktion zu. Die Stimme der Kirchen und NRO hat Gewicht in der deutschen Öffentlichkeit. Ohne gesellschaftliche Unterstützung lässt sich die Umsetzung der SDGs weder in Deutschland noch sonstwo auf der Welt erreichen!
Rolle der Zivilgesellschaft/ Engagement
Für das BMZ war die deutsche Zivilgesellschaft bereits in der Vergangenheit als Partner bei der Entwicklungszusammenarbeit und auch bei globalen Herausforderungen der letzten Monate – ob Syrien, Irak, Ukraine oder Ebola – ein wichtiger und verlässlicher Partner.
Ohne das große Engagement der Kirchen, der zahlreichen Nichtregierungsorganisationen und der vielen Ehrenamtlichen wäre Entwicklungspolitik nicht denkbar. Bereits Ende der 1950er Jahre, d.h. noch vor der Gründung des BMZ, wurden die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt und andere entwicklungspolitisch engagierte NRO wie die Kindernothilfe gegründet. Das BMZ hat von Anbeginn die Arbeit dieser Organisationen auch finanziell unterstützt, zuerst die der kirchlichen Hilfswerke und wenig später auch die der politischen Stiftungen und privaten Träger.
Das Ausmaß und die Bedeutung der Partnerschaft zwischen BMZ und Zivilgesellschaft haben in den letzten Jahren weiter zugenommen. Das haben wir zuletzt in der BMZ-Zivilgesellschaftsstrategie vom Oktober 2014, die wir gemeinsam mit VENRO, dem Dachverband der entwicklungspolitischen NRO entworfen haben, und in unserer neuen Engagement-Strategie vom 30. Juni 2015 deutlich gemacht.
Auch die Mittel im BMZ-Etat zur Förderung der Zivilgesellschaft haben wir in den letzten Jahren deutlich gesteigert: Von rund 660 Mio. Euro in 2013 auf über 900 Mio. Euro in 2016. Für den Haushaltplan des nächsten Jahres brauchen wir natürlich noch die Zustimmung des Bundestags im November. Aber ich bin optimistisch, dass dies kein Problem sein wird, denn die Wertschätzung der Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen ist auch im Deutschen Bundestag sehr hoch.
„Das BMZ hat hierfür eine Reihe von Leitlinien entwickelt, die den Umgang sehr erleichtern.“
Die Zusammenarbeit zwischen BMZ und Zivilgesellschaft ist in der Regel eng und vertrauensvoll. Natürlich gibt es hin und wieder Konflikte (wie in jeder Partnerschaft). Die sind teilweise unvermeidbar und liegen auch an den unterschiedlichen Rollen von Staat und Zivilgesellschaft. Das BMZ hat hierfür eine Reihe von Leitlinien entwickelt, die den Umgang sehr erleichtern. Wir achten das Initiativrecht der Zivilgesellschaft. Wir respektieren die Unabhängigkeit der Nichtregierungsorganisationen.
Wir erwarten anderseits auch von Ihnen, dass sie Partizipation und „capacity development“, d.h. die Entwicklung der Fähigkeiten ihrer lokalen Partner aktiv unterstützen. Denn Hilfe sollte immer „Hilfe zur Selbsthilfe sein“. Sie darf nicht darauf abzielen, den Hilfeempfänger dauerhaft in Anhängigkeit zu belassen. Jegliche Entwicklungszusammenarbeit zielt darauf ab, sich langfristig selbst überflüssig zu machen.
Gemeinsamkeit der Umsetzung
Davon sind wir heute aber noch weit entfernt. Auch die Umsetzung der 2030-Agenda wird – so steht zu vermuten – nicht alle Weltprobleme lösen.
In fünfzehn Jahren wird die Agenda 2030 in ihr Zieljahr gehen.
Ich wünsche mir, dann sagen zu können:
- Wir haben extreme Armut, Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung endlich und überall überwunden.
- Wir waren die Generation, die dafür gesorgt hat, dass unsere Erde wieder in Balance kommt.
Die Herausforderungen sind groß, aber wir können sie gemeinsam meistern. Voraussetzung dafür ist, dass immer mehr Akteure an einem Strang ziehen und sich für eine engere Kooperation und Partnerschaft – auch über die üblichen Abgrenzungen z.B. zwischen NRO und Wirtschaft hinweg – einlassen. Lassen Sie uns in den kommenden Jahren gemeinsam an der Verwirklichung der Ziele des neuen Weltzukunftsvertrags arbeiten!