Ausschnitt aus einem Interview mit Pfarrer Dr. Bernhard Felmberg mit der Berliner Zeitung am 23.12.2008
Bernhard Felmberg: „Die Kirche muss auch in Bereiche gehen, wo sie nicht erwartet wird.“
Berliner Zeitung: Pfarrer Felmberg, Wie wichtig ist der Glaube im Fußball?
Felmberg: Ein Beispiel: Trainer werden am Wochenende von Journalisten gefragt: Glauben Sie, dass Sie noch lange auf der Bank sitzen, wenn Ihre Mannschaft noch so eine miserable Leistung bringt? Stellen Sie sich vor, ein Pfarrer steigt von der Kanzel hinunter, dreißig Journalisten lauern ihm auf und fragen: Glauben Sie, dass sie noch lange in dieser Kirche predigen dürfen, wenn Sie noch einmal so langweilig das Wort Gottes verkünden? Im Spitzensport herrscht extremer Leistungsdruck. Es ist wichtig, dass man begreift: Die Menschenwürde hängt nicht davon ab, ob man gewinnt oder verliert.
Haben Sie sich gegen den Leistungssport, für die Kirche entschieden?
Felmberg: Ich habe in meiner Jugend zehn Jahre beim Wilmersdorfer SC gespielt. Ich war Stürmer. Der Weg im Leistungssport brach ab, als ich begann, Theologie zu studieren. Fußballprofi war nie meine Berufswahl, das war Freude und Hobby. Mein Berufswunsch war seit meinem 16. Lebensjahr, Pfarrer zu werden.
Wie haben Sie Beruf und Hobby wieder verbunden?
Felmberg: Die Kirchenleitung hat mich 1999 in das Amt des Sportbeauftragten berufen. Immerhin haben wird rund 2 000 Menschen in unseren evangelischen Gemeinden in Berlin und Brandenburg, die in Kirchenligen organisiert sind. Es werden viele Meisterschaften ausgetragen.
Wann haben Sie sich eine größere Bühne gesucht?
Felmberg: Vor vier Jahren haben wir die Idee entwickelt, im Zuge der großen Umbauarbeiten eine Kapelle in das Olympiastadion zu bauen. Viele haben gedacht: Der Felmberg hat sie nicht alle. Wir haben dann in einem Jahr über 300 000 Euro Spendengelder gesammelt. Bereits kurz vor dem Beginn der Weltmeisterschaft, konnten wir die Kapelle einweihen.
Beschreiben Sie bitte die Kapelle.
Felmberg: Sie hat eine ovale Form und bildet das Stadionrund im Kleinen ab. Die Wand ist mit Blattgold verziert, auf ihr sind zwölf Bibelverse in achtzehn Sprachen zu lesen. Das Motto der Kapelle stammt aus dem Matthäus-Evangelium: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele.
Mit welchen Worten richten Sie sich an die Spieler von Hertha BSC?
Felmberg: Ich sage ihnen: Ihr seid von Gott geliebte Menschen, ob ihr den Ball verschießt oder nicht. Dann wissen die Spieler, es kann etwas schief gehen. Das gibt der Seele Freiheit. Wir haben regelmäßig Andachten. Arne Friedrich, der Kapitän, unterstützt uns, auch die Brasilianer und andere Spieler kommen. Vor den Spielen müssen die Spieler auf ihrem Weg an der Kapelle vorbei. Ja, ihr letzter Blick richtet sich auf die Kapelle, wir können uns zuwinken. Vor den Heimspielen ist der Gottesdienst oft überfüllt, manchmal sitzen hier 80 Leute drin, auch Präsidium und Aufsichtsrat des Gästeteams. Dann wird die Luft schon fast knapp. Die Spieler kommen in der Regel nach dem Spiel, dann riecht es ein wenig nach Dusche. Wir beten, dann fallen auch noch ein paar Sätze über das Spiel.
Woran erinnern Sie sich gern?
Felmberg: An Alexander, mein erstes Taufkind. Er wurde während der WM 2006 geboren, am Tag des Halbfinales Deutschland gegen Italien. Sein Vater pendelte zwischen Kreißsaal und Fernseher. Seine Großmutter hatte die Idee, Alexander in unserer Kapelle taufen zu lassen. Daneben führen wir auch Trauungen und Trauerfeiern durch. Damit sind Anfang und Ende eines Lebens präsent… Wenn ich mit Arne Friedrich spreche, merke ich, dass er sich gut in der Bibel auskennt. Der Sprachgebrauch des Fußballs bedient sich der Kirche.
Das gesamte Interview erschien bei der Berliner Zeitung